Das Leitbild 

Der Deutsche Arbeitgeber Verband e.V. wurde 1948 als erster freier Wirtschaftsverband gegründet, als nach dem Zweiten Weltkrieg sämtliche Wirtschaftsverbände durch die Siegermächte zwangsgeschlossen worden waren. Maßgeblicher Ideengeber war Ludwig Erhard, von dessen Konzept des Ordoliberalismus die West-Allierten überzeugt waren. Die einstigen Gründer des Verbandes, engagierte mittelständische Unternehmer und Ökonomen, sahen die Notwendigkeit, die Wirtschaft aus den Fängen der Politik zu befreien und die Rolle des Staates nach der national-sozialistischen Katastrophe klar zu definieren und einzugrenzen. Der Verband wurde damit zu einer zentralen Interessenvertretung der Sozialen Marktwirtschaft jenseits von tages- und tarifpolitischen Einzelfragen.

Während Ludwig Erhard schon unmittelbar nach der ersten Bundestagswahl 1949 in höchste politische Verantwortung aufstieg und mit der Einführung der Sozialen Marktwirtschaft das deutsche Wirtschaftswunder schaffte, gerieten seine Ideen der sozialen Verantwortung in einer freien Wirtschaft bald nach seinem Amtsverzicht als Bundeskanzler Ende 1966 in Misskredit. Wo Erhard das Soziale als fürsorgendes Individualrecht ansah, machte die Politik daraus einen Anspruch des Individuums an den Staat.

Heute ist der Sozialstaat aus den Fugen geraten. Mit einem Transfervolumen in der Nähe einer Billion Euro jährlich fördert der Sozialstaat zu viel und zu wenig passgenau. Auf der anderen Seite ist es durch die hohen staatlichen Abgaben schwerer und schwerer geworden, von einem durchschnittlichen Gehalt eine Familie zu gründen. Der Sozialstaat hat zu viele Profiteure geschaffen, die Reformen wirksam abblocken können. Wo bei Erhard die Selbstverantwortung des Einzelnen im Vordergrund steht, ist in Deutschland die betreuende Bevormundung durch staatliche Stellen mehr und mehr zum Leitbild geworden.

Und wo bei Erhard der Staat in der Wirtschaft lediglich die Rolle des Wächters über den fairen Wettbewerb innehatte, mischt er sich heute in detaillierte betriebswirtschaftliche und technische Abläufe ein. Politik und Verwaltung – in einer „Anmaßung von Wissen“ (Hayek) – nehmen heute wieder Einfluss auf strategische und technologische Entscheidungen der Verantwortlichen in der Wirtschaft, denen allzuoft der Mut fehlt, selbstbewusst für die eigenen Interessen einzutreten.

In diesem Lichte ist die Stimme Ludwig Erhards heute wichtiger denn je. Wir stehen in dessen Erbe und begreifen uns als wirtschaftsliberale, der Sozialen Marktwirtschaft verpflichtete Denkfabrik. Gemeinsam mit unseren Partnern in Politik und Wirtschaft wollen wir ein fortschritts-, wissenschafts- und technologiefreundliches, rationales Leitbild für Staat und Wirtschaft schaffen, das wieder ‚Wohlstand für alle‘ (Buchtitel Erhards von 1957) schafft, den Ausgleich zwischen Ökonomie und Ökologie herstellt und dem Staatsbürger die Mündigkeit zurückgibt.

„Es gibt keinen besseren Nährboden für neue Ideen und Problemlösungen
als eine offene Gesellschaft mit offenen Märkten und freiem Wettbewerb“
(Joachim Gauck)
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